Wie sollte sie das alles denn sehen? Sollte sie glauben er sei gegangen, weil er nicht wollte, dass sie mit in diese Mafia-Geschichte hineingezogen wird? Sie wünschte sie könnte das glauben, doch nach seinem Brief, hatte er all diese Hoffnungen zerstört. Sie hatte sich hoffnungslos verliebt. Die Frau, die nie an Liebe glauben wollte, musste für die paar Tage, in der sie dieses Gefühl zugelassen hatte, gleich hart dafür bezahlen. Aber vielleicht sollte sie ihm auch dankbar sein, denn nun hatte sie das Kapitel Liebe komplett geschlossen. Liebe existierte nicht - zumindest nicht für sie. Sie war nicht fähig zu lieben und zu all dem verdiente sie es auch gar nicht geliebt zu werden. Das hatte man ihr ja oft genug bewiesen, nicht? Zuletzt ihr Vater. Aber nein, sie konnte eigentlich keinem die Schuld geben außer sich selbst. Sie hätte es einfach besser wissen müssen. Aber mit 21 Jahren wollte sie einfach daran glauben, dass sie sich vielleicht doch irrte... War ihr das zu verübeln? "Wenn ich... es wirklich hätte tun wollen, hätte ich es vermutlich geschafft.", merkte sie leise an. Sie wollte ihn verletzen, sie konnte es einfach nicht! Sie hätte es nie geschafft ihn zu erdolchen, ihr verdammtes Herz hätte ihr einen Strich durch die Rechnung gemacht! Aber... wieso hatte er ein schlechtes Gewissen? Es war unbegreiflich, immerhin hatte er doch das mit all den anderen Frauen auch getan, nicht? Sie war nie etwas besonderes und erstrecht nicht für ihn. Für jeden anderen mehr außer für den Schwarzhaarigen, dem sie ihr Herz schenkte. "Ich halte meine Klappe aber nicht.", zischte sie sofort und strafte ihm mit einem kalten Blick, während sie noch immer ihr schmerzendes Handgelenk umklammerte. War es gebrochen? Oder hatte er es ihr 'nur' ausgerenkt, verstaucht? Sie war keine Ärztin, hatte somit nicht die leiseste Ahnung, jedenfalls war der Schmerz unerträglich. Für einen kurzen Moment wurde ihr deswegen sogar schwindling, doch verging dieses Gefühl glücklicherweise wieder. "JA MUSST DU!", entgegnete sie ihm wütend. "Kannst du es nicht einfach sagen, wie es war?! Damals ist es dir doch auch nicht schwer gefallen...", sie presste ihre Lippen zusammen - so emotional wollte sie weiß Gott nicht sein! Sie wollte nicht mehr in dieses alte Schema zurückfallen. "Sag es einfach. Sag mir... dass alles anders gewesen ist und du... den Brief vertauscht hattest... den falschen erwischt hast.... Sag mir... dass... nicht alles nur ein Spiel war.", sie sollte ihren Mund halten! Sie musste aufhören, sonst zeigte sie doch nur, wie sehr sie das alles mitnahm - noch immer. Verwundert beobachtete sie ihn jedoch und nahm schließlich den Kühlbeutel entgegen, "Danke..." - wie es sich gehörte bedankte sie sich freundlich beim Barkeeper und legte ihr Handgelenk auf das Kühlpack. "Du hast sie mir gebrochen...", murmelte sie leise und nahm erneut auf dem Lounge-Sofa Platz, wobei sie beinahe über ihre eigenen Beine stolperte. "Verdammt.", zischte sie wütend und trat einmal gegen das Tischbein, als wäre dieses daran Schuld gewesen. Mit ihrer unverletzten Hand ergriff sie das Cocktail Glas und leerte dieses in einem Zug, ehe sie zu Lorenzo blickte. "Ich weiß, dass es eine dumme Idee war herzukommen. Weißt du... ich habe seit dem Tag... überlegt, wie ich mich an dir rächen könnte... Ich hätte in einem unerwarteten Moment einfach zustechen können und dann... konnte ich es nicht. Wieso... Gott, wieso hast du nach all dem noch so viel Kontrolle über mich?! Ich hasse dich dafür, was du getan hast und trotzdem... komme ich nicht so einfach los von dir.", fragend und verständnislos blickte sie ihr Gegenüber an. Anschließend lehnte sie sich zurück und seufzte. Der Tag war viel zu anstrengend und ihre Hand sollte endlich aufhören so stark zu schmerzen. "Ich sollte zu einem Arzt...", stellte sie fest, war jedoch zu erschöpft um einfach aufzustehen...